

Potenzialentfaltung

Nehmen wir einen Menschen nur an seinem äußeren Erscheinungsbild wahr wie
-
Aussehen, Kleidung,
-
Testergebnisse, Noten
-
Verhalten, Leistung
ist oftmals schnell eine Bewertung da. Wir sehen und beschreiben (Empfehlungen, Stellungnahmen) „was ist“: unmotiviert, aggressiv, respektlos, zappellig, lieb, brav, folgsam. Jemand ist Hauptschüler:in, Abiturient:in, Schulabbrecher:in. Bezeichnungen dieser Art tragen zu gesellschaftlichem „Schubladendenken“ bei. Menschen lernen schnell „ihre Rolle“ im Leben:
-
Starke werden zu Führungspersonen
-
Angepasste werden Mitläufer:Innen
-
Ängstliche werden zu Loosern.
Perfekt, könnte man meinen. Die Rollen sind verteilt, jede/r weiß wo er oder sie dran ist. Die Gesellschaft funktioniert. Vielleicht. Oberflächlich gesehen. Aber Entwicklung kann so nicht stattfinden. Irgendwann fängt es in den Schubladen an zu brodeln…sie werden zu eng. Denn der Grundsatz des Lebendigen - so der Biologe und Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther - lautet: „Alles Lebendige will sich entfalten“.
Menschen sind und bleiben! lebendig, wollen sich entwickeln und entfalten. Und so bleibt auch das Grundbedürfnis nach Gestaltung. Dieses Bedürfnis kann so stark werden, dass es die „Schubladen“ zum Bersten bringt und Menschen sich mit Kampf und Gewalt einen Weg da heraus bahnen – müssen, dann aber auf nicht bereiteten Boden haltlos „landen“. Andere resignieren und verkümmern. Beides führt zu persönlichen als auch zu gesellschaftlichen Krisen.
Doch es gibt einen dritten Weg:
Eine Möglichkeit für Kinder, Jugendliche aber auch Erwachsene, diese Schubladen friedlich und hoffnungsvoll verlassen zu können ist das entgegenbringende Vertrauen verbunden mit einer Einladung eines anderen Menschen, einen neuen Weg einzuschlagen und eine liebevolle Begleitung anzubieten. Halt geben, Mut machen, da sein, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten (wieder) finden zu lassen, Potenziale entdecken, Freude an der Entfaltung des anderen haben – das sind Fähigkeiten eines Entwicklungsbegleiters und eines Potenzialentfaltungscoach.
Auch hier gilt der Satz: „Gemeinsam sind Dinge möglich, die der Einzelne nicht schafft.“
Damit wird ein weiteres Grundbedürfnis des Menschen, das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, nach Beziehung gestillt.
Für mich gehört die Potenzialentfaltung zu (m)einem pädagogischen Auftrag dazu.
Karin Joost, im Februar 2024